VIERUNDVIERZIG JAHRE

Der Liedtext VIERUNDVIERZIG JAHRE von Jan Richter wurde bisher nicht vertont.

VIERUNDVIERZIG JAHRE
 
 
Ich habe vierundvierzig Jahre lang
Gelebt in einem kleinen gelben Haus
Es lag im Park verträumt an einem Hang
Und sah von außen schön verwildert aus
 
Sein Innenleben war mein Königreich
Die Freunde kamen oft, mich zu besuchen
Und war ich mal allein, ging ich zum Teich
Und gab den Enten ab von meinem Kuchen
 
Nach vierundvierzig Jahren über Nacht
Hat meine Stadt den wilden Park verkauft
Seit diesem Tag tobt eine heiße Schlacht
Das Fleckchen Erde wurde umgetauft
 
Die Waffen waren gewählt und konnten walten
Das Kriegszeug eisern vor die Tür gelenkt
Mein Haus und ich, wir waren im Preis enthalten
Der Käufer wollte uns nicht mal geschenkt
 
Heute Nacht tret ich aus aus der Nation
Um fünf nach zwölf gibts eine Explosion
 
Die vierundvierzig Jahre fielen ab
Von mir wie eine warme weiche Haut
Sie stürzten lautlos in das Riesengrab
Auf dem man jetzt ein Einkaufszentrum baut
 
Der Teich, die Enten, alles ist verschwunden
Für mich hielten die Ämter schon parat
Ein neues Haus, ans Zentrum angebunden
Mit Fahrstuhl und mit Sprechfunkapparat
 
Doch vierundvierzig Jahre brennen noch
Wie vierundvierzig Kerzen mir im Bauch
Und vierundvierzigmal verglüht der Docht
Und vierundvierzigmal steigt auf der Rauch
 
Und meine Galle platzt und Bitterkeit
Schießt mit dem Blut mir senkrecht ins Gehirn
Und niemand hat hier fünf Minuten Zeit
Und niemand kühlt mir meine heiße Stirn
 
Heute Nacht tret ich aus aus der Nation
Um fünf nach zwölf gibts eine Explosion
Alles egal, ich scheiß auf meine Rente
Dem Bürgermeister schick ich eine Ente
Fein eingewickelt in Geschenkpapier
Im Knast wirds auch nicht schlimmer sein als hier

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